28. April 2021

Ein Traum wird wahr – Honda Dream 400

Danke für die Möglichkeit mein Projekt vorzustellen.

So fing alles an: Mit einer staubigen und total vergammelten HONDA CB 400 N von 1983, die sich seit etlichen Jahren bei meinem Schrauber-Kumpel in einem alten Schuppen im Dornröschenschlaf befand.

Als ich 2015 in der Zeitschrift Classic Bike Mechaniker einen Umbau einer CB 400N sah war es um mich geschehen. Ich musste unbedingt diese Maschine nachbauen.

Von nun an stand auf meinem Schreibtisch ein großes Foto der fertigen Maschine als Motivation.

Schon immer hatte ich davon geträumt, ein Motorrad mal komplett bis in jede Schraube neu aufzubauen. Es muss ein großartiges Gefühl sein, aus etwas so Altem etwas völlig Neues mit den eigenen Händen entstehen zu lassen!

 

Nach einigen klärenden Telefonaten und Mails mit Herr Bingenheimer vom  TÜV Oppenheim, konnte es losgehen. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Herrn Bingenheimer, der mich großartig unterstützt hat!

Das Zerlegen der Maschine ging rel. flott, wichtig dabei immer Fotos von zentralen Details zu machen.

Der Umbausatz aus Höcker, Sitzbank, Rahmenteile, Schutzbleche, einige Kleinteile, Elektrik Umbau, wurde aus England von der Fa. Cafe Racer Kits Ian Saxcoburg zugekauft.

Der 27 PS  2- Zylinder-Motor nach dem Ausbau und vor und nach dem Glasperlstrahlen, sieht schon super aus – was aber  gravierende Folgen hatte. Darauf komme ich später noch.

Hier ist zu sehen, dass wir den Heckrahmen komplett abgeflext und neu angeschweißt hatten.

Der Rost wurde entfernt und die Teile nach dem Grundieren und intensivem Vorschleifen in Ral 3001 Signalrot lackiert.

Das war ein absolutes Aha-Erlebnis als die Teile endlich vom Lackierer zurückkamen!  

Die Maschine wurde zum großen Teil in meinem Keller zusammengebaut, da bei meinem Kumpel in der Werkstatt der Platz fehlte.

Eine sehr große Herausforderung war der Umbau der alten Comstar Räder auf Speichenfelgen. Das hatte anscheinend noch niemand in Deutschland bei einer CB 400N gemacht.

Aber ohne Speichenfelgen?! Das ging gar nicht, also musste ein Mustergutachten her und auf die alten Naben der Räder kamen

Alu-Adapterplatten für die Speichen-Aufnahme. Die beiden Bremsscheiben wurden gelocht – technisch zwar nicht anspruchsvoll, aber das Gutachten dafür war sehr schwer zu bekommen.

Auch das Cockpit wurde komplett umgebaut, was einiges an Lötarbeit und die Hilfe meines Bruders (Elektroingenieur) benötigte.

Der Motor wurde komplett zerlegt, neue Kolben, Lager, eine 44 PS Nockenwelle eingebaut und danach komplett neu abgedichtet. Diese Nockenwelle war leider nur in den USA aufzutreiben, da hier bei uns anscheinend  viele damals z.T. illegal diese Maschinen auf 44 PS umgerüstet hatten. Ohne meinen Kumpel hätte ich das nie geschafft, vielen Dank!!

Schließlich nach ca. 120 Stunden Umbauzeit war es dann so weit, der Motor konnte das erste Mal gestartet werden. Das ist immer das großartigste Erlebnis während einer Restauration.

Doch nach ca. 6-7km war Schluss mit der ersten Ausfahrt, der Motor wurde immer schwächer und starb schließlich ganz ab. Ich war am Boden zerstört.

Also Motor raus, alles nochmal auseinander schrauben: Jetzt konnte man das Strahlgut im Motorinnern gut erkennen. Also gründlich reinigen, zum Motorinstandsetzer, Zylinder schleifen, Übermaßkolben rein und alles wieder zusammenbauen.

Merke: Niemals einen komplett zusammengebauten Motor strahlen lassen – das Zeug dringt in alle noch so kleinen Öffnungen und Spalten ein!

Die Gesamtkosten beliefen sich auf ca. 4.600€, die Maschine hatte ich von einem befreundeten Motorradkamerad für 200€ bekommen.

Heute hole ich immer wieder mal diese ganz besondere Maschine aus der Garage. Sie vermittelt  mir auf jedem Meter zurückgelegter Straße eine sehr tiefe innere Freude und Befriedigung, alles selbst gemacht zu haben.

Eine kleine Anekdote am Rande; als ich zum ersten Mal in die Papiere der Honda schaute, las ich dort den Namen meines damaligen Nachbarn von vor über 35 Jahren. Sollte das tatsächlich mein damaliger Nachbar gewesen sein? Ich hatte ihn das letzte Mal Anfang der 80er Jahre gesehen.  Nach einigen Recherchen war es tatsächlich so. Immer wieder stelle ich mir sein Gesicht vor, wenn ich mit seiner ehemaligen Honda, komplett umgebaut vor seine Tür stehe.

Nach diesem ersten Projekt hatten wir noch einige weitere alte Schätze aus den Tiefen des besagten Schuppens geborgen und wieder komplett neu aufgebaut:

Eine seltene Honda CB 250 Scrambler von 1973, eine Kawasaki 3 Zyl. 2-Takt  350S2A von 1973 und gleich zwei Yamaha RD 250 LC 1981.

Jetzt ist noch eine KREIDLER RS 50 von 1975 und eine alte Vespa dran, dann ist der Schuppen leer.

Für mich ist das Schrauben an alten Fahrzeugen eine absolute Leidenschaft und Abschalten vom Arbeitsalltag.

Neben den eigenen Fähigkeiten und einer gut ausgestatteten Werkstatt sind Netzwerke in der Branche mindestens genauso wichtig. Was wir inzwischen gut aufgebaut haben sind Lackierer, Verchromer, Sattler, Pulverbeschichter, Felgenspezialist, Neuteile-Bezug, etc. Wenn hier Anfragen sind, kann ich die gerne beantworten. (diese leiten wir gerne weiter – die Redaktion)

Ich freue mich schon auf das „erste Mal“ bei Euch in Hirschberg.  

Gruß aus Eich

Jürgen Kretschmann

Text und Bilder von Jürgen Kretschmann

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Ein Kommentar

  1. Steffen 29. April 2021 at 10:31 - Reply

    Klasse Bericht, lieber Jürgen. Vielen Dank, daß Du uns diese Geschichte zur Verfügung gestellt hast.
    Wenn ich richtig gelesen habe, hast Du ja noch „Munition“ für einige weitere Geschichten auf Lager! Ich denke, da werde ich bald nochmal auf Dich zukommen. ;-)

    Bis dahin herzliche Grüße und allzeit knitterfreie Fahrt!
    Steffen

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